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Barrierefreies Webdesign 2025: Gesetzliche Pflicht und praktische Umsetzung
Rechtliche Anforderungen, WCAG 2.2, Checkliste & konkrete Praxis-Tipps
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8 Minuten
Ab Juni 2025 wird barrierefreies Webdesign in Österreich, Deutschland und ganz Europa endgültig zur Pflicht – für viele Unternehmen, Dienstleister und Anbieter digitaler Produkte. Das neue Barrierefreiheitsgesetz (BFSG) schreibt klare Standards vor, wie eine Website oder digitale Dienstleistung gestaltet sein muss, damit sie für alle Menschen zugänglich ist – unabhängig von Alter, Einschränkung oder Endgerät. In diesem Guide erfährst du, wer wirklich betroffen ist, wie du Schritt für Schritt eine konforme Website umsetzt, wie du die WCAG 2.2 richtig anwendest, worauf es bei der Prüfung wirklich ankommt und welche Ausnahmen für kleine Betriebe gelten. Mit Praxiswissen, echten Tools, einer BFSG-Checkliste zum Download und verständlichen Antworten auf alle wichtigen Fragen bist du bestens vorbereitet – damit deine Website nicht nur gesetzeskonform, sondern auch zukunftssicher, benutzerfreundlich und sichtbar wird.
Was ist barrierefreies Webdesign und warum betrifft es jetzt (fast) alle?
Barrierefreies Webdesign bedeutet, dass wirklich jeder Mensch – egal ob mit oder ohne Behinderung – deine Website, deine App oder deinen Online-Shop vollständig nutzen kann. Das gilt für blinde Nutzer*innen mit Screenreader genauso wie für Menschen mit motorischen Einschränkungen, Farbenfehlsichtigkeit, Lernschwierigkeiten oder einfach alle, die ein Smartphone oder Tablet nutzen. Und mit dem neuen barrierefreiem Webdesign Gesetz 2025 ist die Zeit vorbei, in der Barrierefreiheit nur ein „Nice to have“ für Behörden war:
Jetzt sind Unternehmen, Anbieter und Hersteller digitaler Produkte oder Dienstleistungen verpflichtet, ihre Angebote nach klaren technischen und gestalterischen Kriterien barrierefrei umzusetzen.
Dazu zählen beispielsweise:
Hersteller und Anbieter von digitalen Produkten (z. B. PCs, Handys, Geldautomaten, Fahrkartenautomaten)
Anbieter digitaler Dienstleistungen (Online-Banking, Ticketkauf, eCommerce, digitale Kommunikation, Kundenportale)
Websites, Shops, Apps – alles, was öffentlich zugänglich ist
Wichtig: Ausgenommen sind laut Gesetz Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeiter:innen und einem Jahresumsatz von maximal 2 Millionen Euro. Eine weitere Ausnahme besteht, wenn die Anforderungen an die Barrierefreiheit eine grundlegende Veränderung des Produkts bedeuten würden oder für das Unternehmen wirtschaftlich unzumutbar wären. Das betrifft aber in der Praxis nur wenige Fälle – und auch hier ist Nachweispflicht vorgeschrieben.
Das bedeutet: Wer einen Online-Shop betreibt, digitale Services anbietet oder als Agentur Websites für Kund*innen entwickelt, steht ab Juni 2025 in der Verantwortung. Für alle anderen ist Barrierefreiheit spätestens jetzt ein echter Wettbewerbsvorteil – Google & Co. belohnen barrierefreie Websites mit mehr Sichtbarkeit, niedrigeren Absprungraten und höherer Nutzerzufriedenheit.
Die neue Rechtslage: BFSG, BaFG und EU-Richtlinie – was ab Juni 2025 gilt
In Deutschland regelt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), wer bis zum 28. Juni 2025 seine Website, App oder digitale Dienstleistung barrierefrei gestalten muss. Die Vorgaben beruhen auf der EU-Richtlinie 2019/882, die in ganz Europa ähnliche Regeln schafft.
Österreich hat die Richtlinie mit dem Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) umgesetzt. Hier gelten die gleichen Fristen und Grundsätze:
Spätestens ab dem 28. Juni 2025 müssen alle digitalen Produkte und Dienstleistungen, die am Markt angeboten werden, barrierefrei sein.
Dazu zählen auch Online-Banking, digitale Fahrplanauskünfte, eCommerce, Terminbuchung, Portale und alles, was digital verkauft oder angeboten wird.
Ausnahmen: Kleinstunternehmen (weniger als zehn Mitarbeiter*innen und maximal 2 Millionen Euro Jahresumsatz) sowie der Fall der „unverhältnismäßigen Belastung“ (dazu sind Nachweise und Begründungen nötig; der Gesetzgeber legt die Latte bewusst hoch).
Wichtig:
Diese Regeln betreffen nicht nur öffentliche Stellen, sondern ganz gezielt die Privatwirtschaft. Betroffene welche ihre Website nicht rechtzeitig barrierefrei machen, riskieren empfindliche Strafen, Abmahnungen, Beschwerden – und erhebliche Reputationsverluste. Die Kontrolle übernehmen die Marktüberwachungsbehörden, Beschwerden können von Nutzer*innen, Verbänden oder der Konkurrenz eingereicht werden.
Tipp: Viele Unternehmen unterschätzen die Umstellungsdauer. Eine vollständige Anpassung kann – je nach Ausgangslage – Wochen bis Monate dauern. Wer jetzt startet, bleibt entspannt und vermeidet teure Schnellschüsse.
Was schreibt das Gesetz konkret vor? Die wichtigsten Anforderungen im Überblick
Die Website muss so gestaltet sein, dass sie den Standards der WCAG 2.2 genügt. Die WCAG („Web Content Accessibility Guidelines“) sind internationale Regeln für digitale Barrierefreiheit und werden laufend weiterentwickelt.
Zentrale Pflicht ist, dass Websites und digitale Produkte „wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust“ sein müssen.
Was ist mit Sonderfällen und Ausnahmen?
Wenn die Erfüllung der Barrierefreiheits-Anforderungen technisch unmöglich wäre oder zu einer grundlegenden Veränderung des Produkts führen würde, greift die sogenannte Unverhältnismäßigkeitsklausel. Aber Achtung: Unternehmen müssen das nachweisen – und Behörden können das genau prüfen.
Die WCAG 2.2 – Die 4 Prinzipien verständlich erklärt
Die Web Content Accessibility Guidelines, kurz WCAG 2.2, gelten international als Standard für barrierefreies Webdesign. Sie setzen den Maßstab dafür, wie digitale Angebote gestaltet sein müssen, damit wirklich alle Menschen sie problemlos nutzen können – egal ob mit oder ohne Behinderung. Im Kern drehen sich die WCAG 2.2 um vier zentrale Prinzipien, die im Gesetz klar vorgeschrieben sind.
Das erste Prinzip ist die Wahrnehmbarkeit. Hier geht es darum, dass sämtliche Inhalte und Funktionen einer Website oder eines digitalen Produkts so angeboten werden, dass sie von allen Nutzerinnen überhaupt erst erfasst werden können – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten. Praktisch bedeutet das: Bilder und Grafiken brauchen aussagekräftige Alternativtexte, damit auch blinde oder sehbehinderte Menschen mit Screenreader die Informationen erfassen können. Farbkontraste zwischen Text und Hintergrund müssen stark genug sein, damit auch Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen Inhalte problemlos lesen können. Ebenso sollen Texte bei Bedarf vergrößerbar sein, ohne dass Inhalte verloren gehen oder das Layout zerfällt. Auch Videos spielen eine Rolle: Sie sollten mit Untertiteln oder Transkripten ausgestattet werden, damit hörgeschädigte Nutzerinnen keine Informationen verpassen. All das sorgt dafür, dass niemand ausgeschlossen wird – ganz gleich, wie die Seite genutzt wird.
Das zweite Prinzip, Bedienbarkeit, bezieht sich darauf, dass alle Funktionen der Website tatsächlich nutzbar sein müssen – und zwar für jede Person und jedes Eingabegerät. Das bedeutet beispielsweise, dass eine Navigation nicht allein mit der Maus funktionieren darf, sondern vollständig auch per Tastatur steuerbar sein muss. Gerade Menschen mit motorischen Einschränkungen oder ohne Mauszugang profitieren davon enorm. Zudem sollte immer klar erkennbar sein, welches Element gerade ausgewählt ist, etwa durch einen sichtbaren Fokusrahmen um Buttons oder Links. Auch zeitlich begrenzte Aktionen – wie ein sich automatisch schließendes Pop-up – müssen steuerbar sein, damit niemand durch zu schnelle Abläufe ausgeschlossen wird. Eine konsistente, nachvollziehbare Navigation ist hier ebenfalls Pflicht: Wenn sich Menüführungen oder Bedienelemente ständig verändern, geht Übersichtlichkeit verloren und es entstehen Barrieren.
Das dritte Prinzip ist die Verständlichkeit. Hier verlangt die WCAG 2.2, dass die Inhalte und die Bedienung einer Website einfach zu begreifen sind. Die Texte sollten in klarer, verständlicher Sprache geschrieben sein – komplexe Satzkonstruktionen oder Fachchinesisch erschweren vielen Menschen den Zugang. Auch die Struktur der Seite muss logisch und konsistent sein: Menüs sollten sich nicht von Seite zu Seite verändern, wichtige Informationen gehören gut auffindbar an prominente Stellen. Besonders bei Formularen ist verständliche Rückmeldung gefragt: Fehler müssen konkret beschrieben werden, damit Nutzer*innen wissen, wie sie diese beheben können. Das erhöht nicht nur die Barrierefreiheit, sondern auch die allgemeine Nutzerfreundlichkeit enorm.
Zuletzt fordert die WCAG 2.2 die Robustheit digitaler Angebote. Damit ist gemeint, dass die Inhalte und Funktionen auch mit unterschiedlichen Endgeräten, Betriebssystemen und Hilfstechnologien wie Screenreadern reibungslos funktionieren – und zwar jetzt und in Zukunft. Das setzt voraus, dass der zugrundeliegende Code sauber und standardkonform geschrieben ist. Werden zum Beispiel veraltete oder fehlerhafte HTML-Elemente verwendet, kann es passieren, dass Inhalte auf neuen Browsern oder mit assistiven Technologien nicht mehr korrekt dargestellt werden. Je robuster die Website programmiert ist, desto zukunftssicherer bleibt sie – und desto besser kann sie von Suchmaschinen und Tools geprüft und gelesen werden.
Wer sich bei der Entwicklung, dem Relaunch oder der Überarbeitung einer Website an diesen vier Prinzipien orientiert, sorgt nicht nur für eine rechtssichere und inklusive Lösung, sondern stellt auch sicher, dass alle Nutzer*innen unabhängig von ihrer Situation, ihrem Gerät oder ihrer Fähigkeit bestmöglich bedient werden. Barrierefreiheit wird damit zur echten Qualitäts- und Zukunftsfrage im Web.
Praxiswissen: So gehe ich als Webdesigner an barrierefreie Websites heran
Wenn ich eine neue Website plane oder einen bestehenden Auftritt überarbeite, achte ich schon beim Design auf viele Punkte, die am Ende entscheidend für die Barrierefreiheit sind. Ganz zu Beginn prüfe ich immer, ob der Kontrast zwischen Text und Hintergrund ausreicht – denn nur wenn Texte sich klar abheben, können sie von möglichst vielen Menschen gelesen werden. Dabei orientiere ich mich an den gängigen Empfehlungen wie denen des W3C und verwende ebenso einen Contrast-Checker: Gerade Überschriften und Fließtext sollten einen hohen Kontrast haben, damit niemand aussteigt.
Ein weiterer Punkt ist die Lesbarkeit: Ich setze auf ausreichend große Schrift, mindestens 16 Pixel, und sorge für genug Zeilenabstand. Zu kleine oder zu enge Texte machen das Lesen schnell anstrengend, nicht nur für Menschen mit Einschränkungen.
Außerdem achte ich darauf, dass alle Bilder – egal ob Fotos, Grafiken oder Icons – mit verständlichen Alternativtexten versehen sind. Das hilft Nutzer*innen, die mit einem Screenreader unterwegs sind, aber auch Suchmaschinen. Genauso wichtig ist mir, dass Links klar benannt sind. „Hier klicken“ kommt bei mir nicht vor. Stattdessen beschreibe ich direkt, wohin der Link führt, etwa zu einer Seite, auf der du deine [barrierefreie website prüfen] kannst oder wo du die [bfsg checkliste herunterladen] kannst.
Auch Formulare, Buttons und Navigationselemente prüfe ich immer darauf, ob sie mit der Tastatur erreichbar und bedienbar sind. Gerade Menschen, die keine Maus nutzen, sind darauf angewiesen, dass alles logisch beschriftet und problemlos zu erreichen ist.
Aus Erfahrung weiß ich: Wer Barrierefreiheit von Anfang an mitdenkt, spart sich nicht nur Nachbesserungen und unnötigen Stress, sondern macht seine Website gleichzeitig für alle Nutzer*innen angenehmer und moderner. Ein letzter Tipp aus der Praxis: Lass die fertige Seite am besten immer noch einmal von einer Person testen, die auf Barrierefreiheit angewiesen ist – denn ehrliches Nutzerfeedback bringt meist die besten Ideen ans Licht.
Kosten, typische Projektabläufe & Förderprogramme
Die Kosten für eine barrierefreie Website hängen vom Umfang, dem aktuellen Stand und den gewünschten Funktionen ab. Man kann also keine genaue Preisspanne nennen.
So läuft ein typisches Projekt ab:
Start mit einem Accessibility-Audit
Festlegung der Anforderungen, Priorisierung der Maßnahmen
Umsetzung technischer, gestalterischer und redaktioneller Änderungen
Mehrfaches Testen mit Tools und echten Nutzer*innen
Dokumentation und Nachweis für Behörden
Rollout und kontinuierliche Optimierung
Gute Nachricht für Unternehmen in Österreich:
Mit Förderprogrammen wie aws Digitalisierung und FFG gibt es gezielte Förderungen für barrierefreies Webdesign und Digitalisierung – das senkt die Kosten und fördert Innovationen.
Tools & Tests: So prüfst du deine Website effektiv
Diese Tools können dir dabei helfen zu überprüfen ob deine Seite barrierefrei ist.
WAVE: Zeigt Barrieren visuell im Browser an
Google Lighthouse: In Chrome integriert, prüft Accessibility und Performance
WebAIM Contrast-Checker: Kostenloses Tool zum überprüfen der Kontrastverhältnisse.
Profi-Tipp: Kein Tool entdeckt alles! Kombiniere automatische Tools mit manuellen Tests (Screenreader, Tastatur, echte Nutzer*innen mit Einschränkungen). So erkennst du typische Barrieren rechtzeitig.
Hier die kostenlose Checkliste-BSFG ansehen.
FAQ – Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Barrierefreiheitsgesetz 2025
Wann tritt das Barrierefreiheitsgesetz 2025 in Österreich in Kraft?
Das Gesetz gilt ab dem 28. Juni 2025 und betrifft neue Websites und digitale Angebote, die ab diesem Zeitpunkt veröffentlicht werden.
Ist die Barrierefreiheit von Websites ab Juni 2025 Pflicht?
Ja. Ab diesem Stichtag müssen viele Unternehmen und Dienstleister in Österreich und Deutschland ihre Websites und digitalen Services barrierefrei bereitstellen – ausgenommen sind Kleinstunternehmen.
Welche Unternehmen müssen eine barrierefreie Website haben?
Alle Hersteller und Anbieter digitaler Produkte und Dienstleistungen, dazu gehören auch Online-Shops, Banken, Mobilitätsanbieter und digitale Plattformen. Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Umsatz unter 2 Millionen Euro sind ausgenommen.
Wie erkenne ich, ob eine Website barrierefrei ist?
Nutze Tools wie WAVE, axe DevTools oder Google Lighthouse, prüfe Kontraste, die Bedienbarkeit mit Tastatur und Screenreader, und checke die Verständlichkeit der Inhalte. Eine umfassende Prüfung liefert ein professionelles Accessibility-Audit.
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